Abwesend und anwesend – das Geheimnis des Portraits
Vielen Menschen fällt es schwer, sich mit dem Verlust oder einfach der Abwesenheit eines Menschen abzufinden. Bildnisse wirken da mitunter wie heilsame Medizin. Das liegt an ihrer geheimnisvollen Wirkung, dass sie eine Präsenz schaffen, obwohl der geliebte Mensch abwesend ist. Von der künstlerischen Technik her macht es kaum einen Unterschied: Der verblüffende Effekt kann ebenso in einem gemalten Bildnis wie in einer Portraitzeichnung zur Geltung kommen, ganz gleich, ob sie in Aquarell, Kohle, Pastellkreide, mit Rötel, Bleistift oder Silberstift ausgeführt ist.
Unterschiedliche Techniken akzentuieren unterschiedliche Eigenschaft. Das Ölbild dokumentiert Bedeutung, Rang und Errungenschaften einer Person in ihrem Leben und für die Nachwelt. Auch Schönheit und Jugend kann das Porträt festhalten. Das Bildnis kann – wie der Fall von Leonardos Mona Lisa zeigt – sogar vollkommen unbekannten Menschen zu weltweitem Ruhm und Unsterblichkeit verhelfen.
Die zeichnerischen Techniken betonen hingegen die Spontaneität und Frische, den lebendigen Eindruck, so, als säße der oder die Porträtierte in aller Vitalität vor einem. All dies lässt sich immer auch von einer Fotovorlage für ein Bildnis gewinnen.